Henley Heyn Vol. 1

DE

Schläfst du, Gast? Ich bin’s: höre mich an!
In tiefem Schlaf liegt Hunding;
ich würzt’ ihm betäubenden Trank:
nütze die Nacht dir zum Heil!
Eine Waffe lass mich dir weisen:
o wenn du sie gewännst!
Den hehrsten Helden dürft’ ich dich heißen:
dem Stärksten allein ward sie bestimmt.
O merke wohl, was ich dir melde!
Der Männer Sippe saß hier im Saal,
von Hunding zur Hochzeit geladen:
er freite ein Weib, das ungefragt
Schächer ihm schenkten zur Frau.
Traurig saß ich, während sie tranken;
ein Fremder trat da herein:
ein Greis in blauem Gewand;
tief hing ihm der Hut,
der deckt’ ihm der Augen eines;
doch des andren Strahl, Angst schuf es allen,
traf die Männer sein mächtiges Dräu’n:
mir allein weckte das Auge
süß sehnenden Harm, Tränen und Trost
zugleich. Auf mich blickt’ er und blitzte auf jene,
als ein Schwert in Händen er schwang;
das stieß er nun in der Esche Stamm,
bis zum Heft haftet’ es drin:
dem sollte der Stahl geziemen,
der aus dem Stamm’ es zög’.
Der Männer alle, so kühn sie sich mühten,
die Wehr sich keiner gewann;
Gäste kamen und Gäste gingen,
die stärksten zogen am Stahl –
keinen Zoll entwich er dem Stamm:
dort haftet schweigend das Schwert. –
Da wusst’ ich, wer der war,
der mich Gramvolle gegrüßt;
ich weiß auch, wem allein
im Stamm das Schwert er bestimmt.
O fänd’ ich ihn heut’ und hier, den Freund;
käm’ er aus Fremden zur ärmsten Frau.
Was je ich gelitten in grimmigem Leid,
was je mich geschmerzt
in Schande und Schmach, –
süßeste Rache sühnte dann alles!
Erjagt hätt’ ich, was je ich verlor,
was je ich beweint, wär’ mir gewonnen,
fänd’ ich den heiligen Freund,
umfing’ den Helden mein Arm!

EN

Are you asleep, dear guest? I’m here: listen to me!
Hunding is sound asleep;
I made him a drugged drink:
use this night to save yourself!
Let me show you a sword:
O if only you could take it down!
I could acclaim you as the noblest of heroes:
it was intended for only the strongest of all.
O listen carefully to what I must tell you!
The men of his tribe sat in this room,
invited guests at Hunding’s wedding.
He was marrying a girl, whom,
without asking, thieves had gifted him as a wife.
Sadly I sat while they drank.
A stranger came in,
an old man in a grey cloak;
his hat was pulled down
so as to cover one eye.
But the glint of the other made them all afraid,
as its authority and sternness met each glance.
To me alone his eye suggested sweet,
yearning sorrow, tears and comfort together.
He looked at me and glowered at them
as a sword flashed in his hand.
This he thrust in the tree trunk,
it lodged there right up to the hilt:
the blade would belong to anyone
who could pull it out of the tree.
All the men, bravely as they tried,
failed to win the weapon.
Visitors came and went,
the strongest tugged at the hilt,
but it moved not an inch from the tree:
there the sword hangs, silently.
But then I knew who it was
that had greeted me in my grief:
and I know, too, for whom alone
he had fixed the sword in the tree.
Oh! would that I could find him here and now,
if he came from far away to the most miserable
of women: all that I suffered in bitter sorrow,
all that yet has caused me pain
in my shame and dishonour –
this sweetest revenge would pay for it all!
I would retrieve what I have lost;
what I wept for would be won back to me;
if I found this blesséd friend
I would embrace him in my arms as a hero.